Eifersucht und Rache hinter dicken Mauern

Im Kloster Eberbach hat mit Puccinis Oper «Tosca» und Händels Oratorium «Solomon» die Sommersaison begonnen.

Ob Tosca, ihr geliebter Maler oder der Polizeichef, der sich zwischen die beiden stellen wollte: Am Ende sind sie alle gestorben, sei es durch die eigene Hand oder einen spektakulären Mord. Richtig gruselig konnte es einem innerhalb der Klostermauern werden. Doch kaum hatte sich Romana Vaccaro als Titelfigur das Leben genommen, brandete der Applaus des Publikums auf. Nicht etwa, weil die Sopranistin nun endlich Ruhe gab, sondern zur Belohnung einer gelungenen Aufführung durch die Bad Schwalbacher «Opera Piccola». Als Kulisse für die von Edmund Emge inszenierte Blut- und Rache-Oper war das Kloster geradezu ideal. Den ersten Akt in der Basilika konnten allerdings nur die Zuschauer in den ersten Reihen verfolgen, im zweiten und dritten Akt im Kreuzgang war die Sicht auf die Bühne für alle frei.

Das Interesse galt in erster Linie den drei Hauptdarstellern: Romana Vaccaro gab die Tosca mit ausgefeilter Gesangstechnik und schöner Stimme, vielleicht ein wenig zu schön für eine vor Eifersucht rasende und vor Angst sich verzehrende Frau. Ernesto Grisalis' Cavaradossi faszinierte durch die anmutige Leidenschaft seines hellen, beweglichen Tenors. Juri Batoukov machte als Polizeichef Scarpia mit gewaltiger Bassbariton-Stimme zwar Eindruck, konnte aber nicht die erforderliche Dämonie erreichen. Enrico Delamboye entlockte den Frankfurter Sinfonikern Schmelz und sinfonische Fülle bei großer Präzision.

Etwa 150 Jahre vor der Uraufführung der «Tosca» schrieb Händel sein Oratorium «Solomon», dem man lange vorwarf, es enthalte zu viel unnötigen Ballast. Joachim Carlos Martini, seine Junge Kantorei und das Barockorchester Frankfurt spielten die komplette Partitur - und zeigten damit, dass Händels originale Struktur sehr viel Sinn enthält und jede Note lohnend ist.

Die Aufführung bot etwa drei Stunden ungebremste Üppigkeit. Großes Lob gebührt dem Chor, der wunderbar lebhaft und verständnisvoll für jede Nuancierung agierte. Und erst die Solisten! Allen voran die polnische Altistin Ewa Wolak, die die Titelpartie mit mächtiger Stimme und ausgezeichneter Technik virtuos verwirklichte. Die Sopranistinnen Elisabeth Scholl und Nicola Wemyss, Tenor Knut Schoch und Bassist Matthias Vieweg kombinierten mit einfallsreichen Ausschmückungen Diktion und wundervollen Klang.

Das auf historischen Instrumenten musizierende Orchester konnte nicht nur beim «Einzug der Königin von Saba» dank geschmeidiger Holzbläser und zuverlässiger Streicher überzeugen.

Frankfurter Neue Presse vom 1. Juni 2004
Claudia Arthen